Stellungnahme der vereinten Hütteldorfer Fanszene

In den letzten Jahren lief vieles für den SK Rapid nicht so, wie wir Rapidler das uns alle gewünscht hätten. Gewiss, es gab auch einige Erfolge (Meistertitel, Europacup, Budgetkonsolidierung, Zuschauerzuwachs…) und wir durften manch wunderschönen Moment erleben. Betrachtet man die Entwicklungen jedoch ohne grün-weiße Brille, so steht fest, dass wir sowohl auf dem Rasen, als auch abseits davon weit unter unseren Möglichkeiten geblieben sind.

Nur 3 errungene Meistertitel innerhalb der letzten 23 Jahre, nur 4 der letzten 10 Saisonen unter den Top 3 der Liga, einmal sogar kurz Tabellenletzter, ein negatives Novum der Vereinsgeschichte. Diese Zahlen sprechen leider eine mehr als deutliche Sprache. Außerdem fehlen nach wie vor dringend notwendige Weichenstellungen für die Zukunft (Stadionum- bzw. ausbau, Nachwuchsakademie usw.); von Visionen für eine auch europäisch erfolgreiche Rapid des 21. Jh. ganz zu schweigen.

Hohes Zuschauerwachstum, mehr Mitglieder, noch mehr Abonnenten, eine Vervielfachung der Sympathisanten: das alles ist auch Resultat der guten Teamarbeit zwischen Verein und organisierten Fans. Dass der SCR – ausgenommen Karten- und Fanartikelverkauf – daraus kaum Kapital schlug, ist großteils auf sein Missmanagement zurückzuführen. Dem höchsten Zuschauerschnitt bei Heimspielen in der EL-Gruppenphase 2009/10 steht eines der kleinsten Budgets aller teilnehmenden Vereine gegenüber. Es scheint, als würde Rapid von einem Netzwerk der Not geleitet, das weder genug Kompetenz noch Weitsicht besitzt, um nachhaltige finanzielle und in weiterer Folge auch sportliche Schritte zu tun.

Vor diesem Hintergrund nahm die jahrelange Achterbahnfahrt der Gefühle vieler Rapidfans beim Derby vom 22. Mai 2011 ein jähes Ende. Bittere Enttäuschung und Wut lösten an jenem Nachmittag eine spontane Protestaktion aus, die unkontrolliert verlief, und eben nur durch jene Leidenschaft zu erklären ist, welche Rapidler seit jeher auszeichnet. Die Platzstürmer sind eben nicht vereinsfremde Hooligans, sondern gehören großteils jenem Personenkreis an, der den SK Rapid teils seit Jahrzehnten überall hin begleitet, und der für die vielgerühmte Stimmung sowie die stets gerne ins öffentliche Bild gerückten Choreographien verantwortlich ist. Während man aber diese sanges- und farbenfrohe Begeisterungsfähigkeit von Rapidfans in den Himmel lobt, wird ihre davon unablösbare Kehrseite verteufelt.

Natürlich stehen auch wir nicht an, den Ablauf des Platzsturms selbstkritisch zu hinterfragen. Das Werfen von pyrotechnischen Gegenständen in den Gästesektor war ein Fehler. Wie auch immer man aber dazu steht, die Reaktionen von Medien, Politik und Verein waren und sind großteils unverhältnismäßig, nicht ziel führend und dienen ausschließlich der Beruhigung einer hysterisierten Öffentlichkeit. Das Krisenmanagement und die Öffentlichkeitsarbeit des SCR haben versagt, was von Vereinsseite auch schon eingestanden wurde.

Die vereinte Hütteldorfer Fanszene spricht sich hiermit entschieden gegen diese kriminalisierende und medienhörige Behandlung von Rapidfans aus. Dass gerade Rapidler sich an der Medienhetze gegen Rapidler beteiligten trifft uns im Herzen. Denn unsere jahrelange Hingabe für den Verein wurde so ausgerechnet von diesem mit Füßen getreten.

„Wir werden alles daran setzen, dass diese Figuren das Hanappi-Stadion nie wieder von innen sehen.“ Rudi Edlinger, Präsident (Der Standard, Printausgabe, 23.5.2011)
„Konkret heißts einmal das Geschwür zu entfernen…“ Norbert Darabos, Mitglied des Kuratoriums, will den Platzsturm auch strafrechtlich verfolgen lassen (Report, ORF 2, 24.5.2011)
„Es muss Konsequenzen geben […] unser Vorbild ist England […] es braucht ein Stadionverbot für alle Beteiligten, am besten für 300 Jahre.“ Renate Brauner, Mitglied des Kuratoriums, schaltet den Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit ein, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen (orf.at, 24.5.2011)
Wie diese wenigen Beispiele zeigen, gossen Vereinsverantwortliche leider von Beginn an Öl ins Feuer, das von Medien geschürt, und in weiterer Folge von Politik und Exekutive aufgenommen wurde. Mitunter dadurch konnte es sogar soweit kommen, dass Anfang Juni bei fünf Rapidfans Hausdurchsuchungen stattfanden, die das Ziel hatten, vermeintliche Beweise für eine Absprache des Platzsturms sicherzustellen.

Was nun das so genannte „Zehn-Punkte-Programm“ betrifft, dass der SK Rapid am 14.6.2011 bekanntgab, so stehen die meisten, darin angekündigten Maßnahmen mit dem Platzsturm in keinem Zusammenhang. Es handelt sich dabei größtenteils um Kollektivstrafen, die vor allem unbeteiligte Fans treffen. Das lehnen wir kategorisch ab.

Die Abschaffung des Weitergaberechts für Abos bringt große Nachteile für ALLE Abonnenten. Man verwehrt dadurch neuen, jungen Fans den Zugang zu den Fantribünen und gefährdet somit langfristig das, wofür Rapid europaweit berühmt ist: die stimmungsvolle Atmosphäre im Gerhard-Hanappi-Stadion. Wie auch teilweise schon bisher, wird es nach Wegfall des Weitergaberechtes erst recht Spiele geben, bei denen die Fanblöcke trotz verkaufter Abos halbleer bleiben werden. Das Problem harrt seit Jahren seiner Lösung, wird durch diese Maßnahme aber wohl unlösbar werden.

Auch die Verlegung aller zukünftigen Derbys ins Happel Stadion lehnen wir ab. Rapid beraubt sich damit selbst und freiwillig seines Heimvorteils. Es entsteht der Eindruck, dass dies nur aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt, zumal auch die Exekutive keine Bedenken gegen den Austragungsort Hanappi-Stadion hat.

Wenn nur mehr ein Training pro Woche öffentlich zugänglich ist und das Stadion bei allen anderen Trainingseinheiten geschlossen bleibt, verlässt Rapid den Weg ein „Verein zum Angreifen“ zu sein, und bestraft außerdem vorwiegend Rapidler, die am Platzsturm nicht beteiligt waren.

Das „Rapid-Dorf NEU“ unter Patronanz des Hauptsponsors ist für uns als kommerzkritische Fans negativ zu bewerten.

Das angedachte 10jährige Stadionverbot widerspricht jeglicher Verhältnismäßigkeit und ist in den Durchführungsbestimmungen der Bundesliga auch nicht vorgesehen.

Abgesehen vom erwähnten Maßnahmenkatalog ist das Stehverbot auf Nord- und Südtribüne und die damit einhergehende Bevormundung im neuen Abovertrag für uns nicht nachvollziehbar. Das viel zitierte „englische Modell“, welches sich der Verein hier offensichtlich zum Vorbild macht, gilt in England selbst, wo derzeit eine Wiedereinführung von Stehplatzsektoren angedacht wird, bereits als überholt.

 

Die aktiven Gruppen des Block West und der Ostkurve stellen aufgrund der oben angeführten, vereinsseitigen Aussagen und Maßnahmen den aktiven Support bis auf Weiteres ein. Die Transparente der Gruppen werden auch nicht hängen. Wir werden aber sehr wohl weiterhin bei jedem Spiel anwesend sein, da uns der SCR in guten wie in schlechten Zeiten am Herzen liegt und wir uns nicht durch die aktuelle Situation entmutigen lassen. Wir bitten alle Rapidfans um Verständnis für diese Entscheidung, und wir hoffen, dass unser Protest von möglichst vielen Stadionbesuchern mitgetragen oder zumindest respektiert wird.

Von den Vereinsverantwortlichen fordern wir eine Richtigstellung der oben angeführten Aussagen, die uns pauschal diffamieren und der Kriminalisierung aussetzen. Des Weiteren erwarten wir von der Vereinsführung und auch den Spielern, ihre Reaktionen auf den Platzsturm zu überdenken und dessen auslösende Faktoren zu hinterfragen.

UNITED WE STAND !

www.unitedwestand.at